Vögel in Heiden, Foto von Nils Mosh

Wie ultrakurz ist meine
Aufmerksamkeitsspanne
geworden?

Heiden
Glocken und Vögel

von Lis Schröder, Medienkünstlerin

„Ich bevorzuge ein ereignisarmes Leben.“ Okay, und wie ereignisarm darf es sein?

Mit dem Erfahren eines Zustands, der endlos erscheint, hatte ich immer Probleme. Ohne Narration, und im allzu Bekannten, bin ich wie verloren.

Glockengeläut und Dohlengeräusch sind für mich ein so vertrautes münsterländisches Ambient, dass mein Hirn sofort in eine Art Standby-Modus schaltet und dann nach anderen, „wichtigeren“ Informationen sucht. Nach der Story, der Haupthandlung, den Hauptfiguren. Doch die finde ich in dieser Aufnahme nicht. Sie verweigert sich dieser Art der Hierarchisierung.

Ich muss genauer hinhören.

Klar, es sind nicht nur die Dohlen. Da sind die helleren Stimmen der Spatzen, teils ganz nah. Die kleinen, feinen Geräusche, die die Körperlichkeit der Vögel hörbar machen. Das Flügelgeräusch, das zugleich eine Idee vom Gewicht des kleinen Vogelkörpers mit sich bringt, der sich in die Luft schwingt. Im Hintergrund ein leises Klappern, das ich nicht richtig einordnen kann. Und ein Gackern. Hühner?

Hätte ich zunächst voreilig und oberflächlich behauptet, in der Aufnahme sei kein Verkehr zu hören, muss ich auch das natürlich korrigieren. Nicht nur ist manchmal ein Rauschen hörbar, das vielleicht von einer weit entfernten Straße kommt. An einem Punkt der Aufnahme durchquert dezent, aber doch deutlich hörbar ein Auto die Szenerie. Ein Ereignis?

Die Glocken läuten weiter wie durch Watte. Jetzt mal ernsthaft: Wie lange die Glocken läuten. Wie ultralange diese Glocken läuten!?

Oder aber: Wie ultrakurz meine Aufmerksamkeitsspanne geworden ist.